Ich lese ja immer mal wieder Fachzeitschriften – und lese offenbar zu aufmerksam, weil mir da schon mal Unstimmigkeiten auffallen. Beispielsweise habe ich vor kurzem eine Meldung von Oktober 2016 gelesen, dass Prophete jetzt mit AEG zusammenarbeitet. Ah ja, sowas hatten wir schon mal. Im Jahr 2013 hieß es, der große Haushaltsgerätehersteller AEG würde jetzt groß in den E-Bike-Markt einsteigen. Nun ja, man kann sich ja nicht alles merken. Und dass die große AEG seit Mitte der Neunzigerjahre des 20. Jahrhunderts nicht mehr existiert, ist vielleicht auch nicht mehr jedem präsent.
Leider gibt es einige Hersteller, die diese Gedächtnislücken ausnutzen und sich mit fremden Assoziations-Federn schmücken, nicht nur im Fahrradbereich. (Und das ist eine der Stellen, an denen ich es nicht gut finde, wie Presse einfach Pressemitteilungen abschreibt unreflektiert abdruckt.) So gibt es auch motorunterstütze Fahrräder „von“ Telefunken. Telefunken fusionierte dereinst mit AEG. Ist aber schon einige Jahrzehnte her. Andere nutzen den Namen „Triumph“, der so manchen Menschen in motorisierter Nostalgie schwelgen lässt. Ich hatte auch schon Kunden, die mir stolz ihr neues Zündapp-Fahrrad präsentiert haben, das zu deren Verwirrung von Mifa (produziert v.a. für Discounter und Baumärkte) hergestellt wurde und das zu ihrer Enttäuschung doch nicht so hochwertig war, wie sie erwartet hatten.
Das mit den alten Marken funktioniert (für alle, die es nicht wussten) übrigens so, dass ein Unternehmen entweder ein anderes übernimmt und damit auch die Markenrechte hat, oder ein Unternehmen von einem ehemals großen, aber irgendwie pleite gegangenen Unternehmen die Markenrechte erwirbt. Und wenn dann jemand z.B. eine Telefunken-Brotschneidemaschine auf den Markt bringen möchte, fragt er bei der Telefunken Licenses GmbH an. Wenn die sein Geld nicht haben wollen, kann er ja in Schweden bei Electrolux nachfragen, ob er AEG draufkleben darf…
Interessantes Detail zum AEG-Antrieb für Fahrräder: Der Hersteller, der mit seinem AEG-Scheibenmotor am Tretlager im Jahr 2013 groß rauskommen wollte, nennt sein mittlerweile recht erfolgreiches System jetzt Binova und hat sich damit einen (eigenen) Namen gemacht. Ich vermute mal, dass der Name AEG für den Anfang dann doch zu teuer war. Wer jetzt hinter dem aktuellen „AEG-Antrieb“ steckt, habe ich noch nicht herausgefunden.
Ein Beispiel aus der Fahrradbranche, wie das Recycling eines alten Markennamen in meinen Augen sogar eine Verbesserung für diese Marke darstellt, hätte ich übrigens auch noch: Ende des letzten Jahrtausends baute das französische Unternehmen EGS einen Drehschalter, mit dem man mit einer Hand eine 3×7-Kettenschaltung bedienen konnte. Über zwei Züge wurden sowohl der Umwerfer vorn, als auch das Schaltwerk hinten bedient und unter Auslassung der Übesetzungsüberschneidungen 12 Gänge geschaltet. Genannt hatten sie es „Synchro Shift“. Das Unternehmen war nicht so erfolgreich und Shimano erwarb ein paar Sachen aus der Konkursmasse, die ganz nützlich aussahen. Mittlerweile gibt es seit 2014 „Synchro Shift“ von Shimano, zeitgemäß elektronisch gesteuert. Find ich ziemlich cool. Aber die alten Synchro-Shifter sind auch nicht ohne – und sie funktionieren noch. Mindestens einer davon wird noch in und um Teltow genutzt.